Beschlussvorschlag: Erweiterung des Bewohnerparkraumkonzeptes in der Innenstadt

Seite vielen Jahren sorgen massiv zunehmende Probleme beim Parken in allen Stadtbezirken für erhitzte Gemüter. Dieser emotionalen Situation liegt ein objektiver Mangel an Parkraum in verschiedenen Quartieren zu Grunde. Die Gründe dafür sind vielfältig. Es besteht also objektiv ein erheblicher Handlungsdruck.

Deshalb überrascht, dass die Verwaltung nach zahlreichen medialen und politischen Initiativen erst jetzt den immer wieder vorgebrachten Vorschlag einer Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung aufgreift. Schon vor mehr als drei Jahren hat die CDU-Fraktion in der Bezirksvertretung Mitte einen Antrag mit differenzierten Lösungsvorschlägen eingebracht. Dieser wurde von der Verwaltung inhaltlich nicht aufgegriffen, sondern von Ausschuss zu Ausschuss verschoben, bis die Übersicht über den Beratungsverlauf verloren ging. Dieser Antrag und der Beratungsverlauf sind diesem Antrag beigefügt.

Mit der Vorlage 0517/2022 legt die Verwaltung nun einen Vorschlag vor, der auf einem vereinfachten und unzureichenden Verfahren beruht. Die Mängel der Vorlage bilanziert dieselbe gleich selbst:

„Eine Erhebung aller öffentlichen Parkstände ist in diesen Bereichen nicht notwendig, da die beabsichtigte Regelung nicht dazu führt, dass Parkstände exklusiv dem Bewohnerparken vorenthalten werden und somit die in der VwV zur StVO vorgegebenen Höchstquoten pro Parkzone (exklusives Bewohnerparken darf tagsüber max. 50 %, nachts max. 75% des gesamten Parkraumangebots der jeweiligen Parkzone betragen) nicht überschritten werden. Dadurch, dass zunächst weitere Prüfungen entfallen können, ist der hier vorgestellte Entwurf schneller und kostengünstiger umsetzbar, als detailliertere Konzepte.“

Das bedeutet:

„Weil die Verwaltung in den vergangenen Jahren die öffentlichen Parkstände nicht erhoben hat, kann sie aktuell keine rechtssicheren umfassenden Bewohnerparkzonen ausweisen, in denen sinnvolle Regeln angewendet und durchgesetzt werden."

Deshalb scheidet aus Sicht der Antragsteller der Verwaltungsvorschlag als Grundlage zur Weiterentwicklung der Parkraumbewirtschaftung aus. Denn eine anlasslose Einrichtung von Bewohnerparken ist rechtssicher kaum möglich.

Neuanfang auf gesicherter Datenbasis

Einer sinnvollen Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung und des Bewohnerparkens ist rechtssicher und zielgenau nur möglich, wenn zuvor die öffentlichen Parkstände erhoben wurden. Es braucht also zuerst einmal verlässliche Daten.

Festzustellen gilt es beispielsweise, wie hoch die Anzahl an verfügbaren öffentlichen Parkplätzen im jeweiligen Stadtteil ist und wie stark diese zu unterschiedlichen Tageszeiten ausgelastet sind. Dies geschieht heute nicht mehr durch die mühsame manuelle Erfassung der Parkräume und ihrer Nutzung, sondern mittels Spezialfahrzeuge, die mit 360-Grad-Kamera auf dem Dach den kompletten Straßenraum abbilden. Bei diesen Fahrten wird der komplette Straßenraum abgebildet, wobei auch verlässlich festgehalten wird, wie viele Autos auf den Bürgersteigen abgestellt werden.

Da die Stadt nicht über die entsprechende Ausrüstung verfügt, soll mit der Datenerhebung ein externer Dienstleister beauftragt werden.

Schrittweise zum Parkraumkonzept

In Anbetracht der hohen emotionalen Bedeutung des Themas schlagen die Antragsteller ein transparentes und möglichst objektives Verfahren vor, vor dessen Abschluss eine Bürger- und Trägerbeteiligung einzurichten ist. Das beantragte Verfahren stellt aus Sicht der Antragsteller sicher, dass der Verwaltung ausreichend Zeit bleibt, ein rechtssicheres Parkraumbewirtschaftungskonzept zu entwickeln. Beides soll dazu dienen, mögliche unerwünschte Folgen des Konzeptes im Vorfeld zu erkennen und zu korrigieren. Erfahrungen anderer Kommunen zeigen, dass die Einführung der Parkraumbewirtschaftung für bestimmte Bereiche zu Verlagerungs- und Verdrängungseffekten im fußläufig erreichbaren Umfeld sorgen. Meistens müssen Kommunen in solchen Fällen kurzfristig nachbessern. Deshalb sollten solche Verlagerungseffekte bei der Ausweisung von Bewohnerparkzonen gleich mitgedacht werden.

Güterabwägung zwischen sozialer Härte und Lenkungswirkung bei der Gebühr

Aus Sorge vor juristischen Auseinandersetzungen begnügt sich die Verwaltung in der aktuellen Vorlage mit einem Gebührensatz von 30,50 Euro. Der Betrag steht aber in keinem Verhältnis zum Aufwand eines ausgereiften Bewohnerparkens. Darüber hinaus sind die Antragsteller der Auffassung, dass eine solche Gebühr ausdrücklich auch eine Lenkungswirkung entfalten soll.

Um die Zeit bis zu einem detaillierten Parkraumbewirtschaftungskonzept nicht ergebnislos verstreichen zu lassen, wünschen die Antragsteller die oben skizzierte minimalinvasive Zwischenlösung, die zugleich dazu genutzt werden soll, Erfahrungswerte für das spätere Gesamtkonzept zu ermitteln. Diese Lösung wird zwar eine geringe Lenkungswirkung entfalten, verbessert aber kurzfristig in den definierten zwei Parkzonen F und H zumindest teilweise die Parksituation für Anwohner. Für umfassendere Verbesserungen ist – wie bereits erwähnt – die Untersuchung der Parkstände erforderlich.

Daher stellen die Fraktionen von CDU und Bündnis90 / Die Grünen sowie die FDP-Ratsgruppe folgenden Antrag zur Ratssitzung am 9 Februar 2023:

1. Die Vorlage der Verwaltung wird zur Kenntnis genommen, die vorgeschlagene Verfahrensweise jedoch verworfen.

2. Die Verwaltung wird stattdessen beauftragt, …

… in allen Stadtteilen und Quartieren mit hohem Parkdruck die notwendigen Untersuchungen einzuleiten, um dort rechtssicher eine umfassende Parkraumbewirtschaftung umsetzen zu können. Die relevanten Daten sind durch einen anerkannten Gutachter mit entsprechender Expertise und guten Referenzen bei solchen Projekten rechtssicher zu ermitteln. Um Verdrängungs- und Verlagerungseffekte frühzeitig zu antizipieren, ist auch die Umgebung in fußläufiger Distanz um die künftigen Parkzonen zu beachten.

Die Erhebung der Daten ist bis spätestens Q2/2023 abzuschließen. Die Kosten für die Datenerhebung wird durch die später aufkommenden zusätzlichen Einnahmen aus der Parkraumbewirtschaftung refinanziert.

3. … parallel ein gesamtstädtisches Instrumentarium für ein ausgewogenes und flexibles Parkraumbewirtschaftungskonzept zu erarbeiten. Dieses soll stadtweit einheitlichen Grundsätzen folgen, die auf die jeweiligen örtlichen Anforderungen passgenau anzuwenden sind.

Dabei sollen folgende Rahmenbedingungen gewährleistet werden:

• In den Abend- und Nachtstunden steht das Anwohnerparken (mit Anwohnerparkausweis der entsprechenden Zone) im Vordergrund.

• Tagsüber soll es eine den örtlichen Ansprüchen angemessene Mischnutzung zwischen Anwohnerparken und kostenpflichtigem Kurzzeitparkplätzen geben (auf Basis von Parkschein-Automaten und Park-App).

• Darüber sollen ausreichend Stellplätze für Handwerker, Liefer- und Pflegedienste ausgewiesen werden. Handwerker, Liefer- und Pflegedienste sollen mit entsprechenden Sondergenehmigungen ausgestattet werden.

4. … einen Vorschlag zur sukzessiven Anpassung der Gebühren zu entwickeln, der trotzdem eine Lenkungswirkung entfaltet. Dabei sollen Anwohnerparkkarten, die selbst über das Internet gebucht werden, um 20 Prozent vergünstigt angeboten werden, um den Anreiz der elektronischen Selbstverbuchung durch die Nutzer zu erhöhen.

Die Überschüsse aus der Parkraumbewirtschaftung werden zu 50 Prozent für Verbesserungen des Busverkehrs in den Bewirtschaftungszonen eingesetzt. Die andere Hälfte soll dazu dienen, bewirtschaftete Parkmöglichkeiten außerhalb des Straßenraums zu schaffen, um den Straßenraum zu entlasten und Raum für Rad- und Fußgängerverkehr zu schaffen.

Das Grundkonzept sowie der Gebührenvorschlag sind ebenfalls bis spätestens Q2/2023 vorzulegen.

5. … auf dieser Grundlage stadtteil- oder quartiersbezogene Konzepte für die ermittelten Gebiete mit hohem Parkdruck zu erarbeiten.

Die stadtteil- oder quartiersbezogenen Konzepte werden im Q3/2023 zur Beratung und Beschlussfassung vorgelegt.

6. … im Q1/2024 in den Stadtbezirken entsprechende Bürgerbeteiligungen durchzuführen, um mögliche vorher nicht erkannte Probleme zu ermitteln. Darüber hinaus sollen die Träger öffentlicher Belange die Chance zu qualifizierten Stellungnahmen erhalten.

Der Rat und seine Gremien verabschieden das endgültige Konzept sowie die konkreten Anwendungen auf die Stadtteile und Quartiere in Q3/2024 und setzt das Parkraumbewirtschaftungskonzept zum Januar 2025 in Kraft.

Übergangsweise wird die Verwaltung beauftragt, …

7. … die bestehenden Zonen A bis D in den besonders durch Park-Such-Verkehre belasteten Gebieten im nördlichen Innenstadtbereich zum Schutz der Anwohnerinnen und Anwohner bis zur Inkraftsetzung des o.g. Parkraumbewirtschaftungskonzepts Bewohnerparkzonen nach dem Mischprinzip einzurichten. In den entsprechenden Bereichen der in Drucksache 0517/2022 beschriebenen künftigen Zonen F und H soll zunächst die Regelungsart „Parkscheibe -Bewohner frei“ gelten. Zur Senkung der Attraktivität für Berufspendelnde wird die Höchstparkdauer auf zwei Stunden im Zeitraum von 07.00 Uhr bis 20.00 Uhr festgesetzt.

a) …um weiterhin privaten Besuch zu ermöglichen, ein ausgewogenes Konzept zur Ausgabe von Besucherparkscheinen zu entwickeln, dass sowohl die Interessen der Anwohnerinnen und Anwohner berücksichtigt aber nicht die Lenkungswirkung der Parkzone unterläuft. Das Konzept ist vor Einführung dem Rat der Stadt Hagen vorzulegen. 

b) …die Bewohnerinnen und Bewohner der übergangsweise eingerichteten Parkzonen F und H rechtzeitig vor Einführung, in geeigneter Weise über die Einführung und Ausgestaltung zu informieren, sodass Fragen beantwortet und ggf. Anregungen berücksichtigt werden können.

c) … die Erfahrungen aus der Übergangsregelung der Zonen F und H zu evaluieren und bei der Ausgestaltung des Parkraumbewirtschaftungskonzepts zu berücksichtigen.

 

 

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