Resolution: Hagen braucht seine Lokalradio-Redaktion vor Ort
Kein Ereignis hat nachhaltiger und besser gezeigt, wie notwendig und hilfreich ein redaktionell gut besetztes Lokalradio ist, als die Jahrhundertflut in Hagen im Juli 2021. In den Tagen während und Wochen nach der Flut hat die Redaktion von Radio Hagen – ganz selbstverständlich – einen erheblichen Teil zum Gelingen der Einsätze und zur Information der Bevölkerung beigetragen. Geholfen haben der Redaktion dabei die engmaschigen persönlichen Netzwerke und die gute Kenntnis der städtischen Strukturen sowie das Vertrauen der Menschen in den Sender und sein Personal. In dieser Zeit ist das Team, ohnehin schon für sein hohes Maß an Professionalität bekannt, noch einmal über sich hinausgewachsen.
Rat und Stadtverwaltung Hagen anerkennen, wie wichtig die professionelle Berichterstattung für das Lagebild der Katastrophe war. Radio Hagen war ein aktives Glied in der Hilfekette und hat über die Bearbeitung von Notrufen und Hinweisen geholfen, Leben zu retten. Genau aus diesem Grund richtet die Stadt derzeit – gemeinsam mit Radio Hagen – ein kleines Notfallstudio ein, aus dem heraus in einem erneuten Krisenfall sogar bei Stromausfall gesendet werden kann. Ohne Redaktion und feste Struktur vor Ort wäre diese Unterstützung unmöglich. Radio Hagen ist integraler und unverzichtbarer Teil des Hagener Zivilschutzes.
Alltag mit Radio Hagen
Diese Tage haben etwas verdeutlicht, was im Alltag einer Stadt selbstverständlich geworden ist: den hohen Wert professioneller und aktueller Lokalnachrichten. Daran haben wir uns in Hagen über die Jahre gewöhnt. Niemand anders kann das leisten.
Abseits der technischen Reichweitenanalyse E.M.A. NRW kann jeder in Hagen sehr schnell die Omnipräsenz von 107,7 MHz erfassen. Radio Hagen ist ständiger akustischer Begleiter in der Stadt - in vielen Betrieben, Geschäften, Büros oder Taxen. Die gemessenen Hörerreichweiten gehören zu den besten im ganzen Land. Diese Ergebnisse sprechen für sich und für das kleine Team von Radio Hagen.
Technik verändert Medienlandschaft
Wir wissen, dass massive technische Umwälzungen der Medienlandschaft stattfinden, die die Betriebsgesellschaften finanziell unter Druck setzen. Neue DAB-Frequenzen, Streaming-Angebote und multimediale Formate zehren allerorten an Quoten und Werbeeinnahmen. Diesen fortgesetzten Wandel nimmt auch der Rat der Stadt Hagen wahr. Der Bedarf nach strukturellen Anpassungen ist nachvollziehbar.
Strukturveränderungen sind den Kolleginnen und Kollegen von Radio Hagen nicht fremd. Sie sind seit Aufnahme des Sendebetriebes im Jahr 1990 geradezu berufsbegleitender Alltag. Das Radio-Hagen-Team glänzt durch seine hohe Bereitschaft, seinen Teil zum Gelingen von Change-Prozessen einzubringen. Die Identifikation mit der Arbeit und der Hörerschaft sind bewundernswert hoch.
Vor diesem Hintergrund unverständlich wirkt auf Rat und Verwaltung der Stadt Hagen der Druck, der in den vergangenen Monaten von Seiten der Landesanstalt für Medien NRW (LfM) mit dem so genannten Überlagerungsvertrag erzeugt wurde. Jener und ein unproblematischerer Systemvertrag sollen das Miteinander zwischen den Sendern der Kette neu regeln. Der Überlagerungsvertrag sieht einseitige Sanktionen gegen die Redaktionen vor, wenn Leistungsparameter nicht erreicht werden, die bislang noch nie erreicht wurden. Die Anforderungen erreichen selbst rein gewinnorientierte Unternehmen nur selten.
In der Konsequenz führen die Regelungen des Überlagerungsvertrages in eine rasante Abwärtsspirale und in Hagen eher über kurz als über lang in den Verlust von Redaktion und Studio.
Aus der Sicht des Rates der Stadt sichert der Überlagerungsvertrag weniger den Betrieb des Lokalradios, sondern schafft die rechtliche Grundlage für die Abschaffung desselben. Das war sicher niemals Sinn des Gesetzgebers bei Einrichtung der Lokalradios.
Unterstützung der Veranstaltergemeinschaft und der Redaktion
Die Stadt Hagen als Minderheitsgesellschafterin von Radio Hagen, vertreten durch Oberbürgermeister Erik O. Schulz, und ihre repräsentativ gewählten demokratischen Vertreterinnen und Vertreter im Rat der Stadt Hagen teilen die detailliert vorgetragenen Bedenken der Veranstaltergemeinschaft und der Redaktion.
Rat und Verwaltung unterstützen die Veranstaltergemeinschaft von Radio Hagen in ihrer sachlichen Entscheidung, den von den Betriebsgesellschaften, dem Verband lokaler Rundfunk und Radio NRW in Zusammenarbeit mit der Landesanstalt für Medien NRW (LfM) vorgelegten Überlagerungsvertrag nicht zu unterzeichnen. Als Mitgesellschafterin würde die Stadt ihrer Aufgabe nicht gerecht, würde sie an dieser Stelle zustimmen.
Rat und Verwaltung erkennen gleichzeitig die große Bereitschaft von Veranstaltergemeinschaft und Redaktion für notwendige Strukturveränderungen. Der Prozess sollte jedoch mit statt gegen die handelnden Akteure erarbeitet werden. Veranstaltergemeinschaft und Redaktion verstehen die Ablehnung des Überlagerungsvertrages nicht als Verweigerungshaltung. Sie signalisieren ausdrücklich Verhandlungsbereitschaft für andere Lösungen, die dem Team die Möglichkeit gibt, sich wirtschaftlich besser zu positionieren.
Der Rat der Stadt Hagen und die Mitgesellschafterin Stadt Hagen appellieren deshalb eindringlich an die Verantwortlichen in der Funke Mediengruppe und der Landesanstalt für Medien NRW (LfM) sowie an die Landesregierung NRW, den Strukturreformprozess in einer zweiten Runde zu erweitern. Mit einbezogen werden sollten konstruktive und möglicherweise lokal spezifische Lösungsvorschläge, die Identität der jeweiligen Lokalradios auf Dauer absichern hilft. Dies könnte beispielsweise durch einen überlebensfähigen Neuzuschnitt des Sendegebiets von Radio Hagen geschehen.
Der Rat der Stadt Hagen sichert allen Beteiligten dazu seine konstruktive und wohlwollende Beteiligung zu.
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